Auf der Innenseite der Welt
ein Natur-Blog
Blog-Essays in englischer Sprache (Auswahl)
Weber, Andreas (2022): "Then Came the Crash"
https://in.boell.org/en/nourishing-community-pandemic-times
Weber, Andreas (2019): “The Singing Air”.
https://www.thenatureofcities.com/2019/06/24/the-singing-air/
Weber, Andreas (2017): “Time of the Poppies.”
https://www.thenatureofcities.com/2017/06/21/time-of-the-poppies/
Weber, Andreas (2017): “Transactions of Light”.
https://www.humansandnature.org/transactions-of-light
06.Oktober 2022
4.Oktober 2022
12.09.2022
15.August 2022
24. August 2019
Der Fuchs gestern auf der Straße zum Teufelssee, der unschlüssig in einem Meter Entfernung in meine Richtung schnüffelt: die leuchtend weiße, makellos weiße Schwanzspitze.
18. August
14. August
21. Juli 2015
der große Süden.
7. November
ZULETZT wird sich die Erde finden.
28. Oktober 2014
29. Mai
4. Februar
Die Steine in den ligurischen Bächen lehren mich Geduld. Sie lehren
23. Januar
7. Januar 2013
Das Wildschwein, das den Hang parallel zur Neigung auf halber Höhe entlang donnert. Die Natur, die nicht nein sagen kann.
19. Dezember
Als ich auf dem Marktplatz ankomme, schließt gerade die letzte Bar. Die beiden Mädchen lassen es sich nicht nehmen, mir noch zwei Tramezzini dick mit Schinken, Mozarella und Mayonnaise zu belegen und mir eine Kanne mit Wasser auf einen Tisch draußen unter der Markise zu stellen. Dann geht der Rolladen runter.
Nach dem Essen wandere ich durch die flirrenden und schweigenden Gassen hoch zum normanischen Turm. Es ist atemberaubend heiß. Die Mauertür ist angelehnt. Ich schlüpfe hindurch. Eine Gruppe Italiener wartet im Schatten, während der letzte Besucher von der Treppe zurückkehrt. Ich bin zu spät. Da hilft nur nettes Bitten. Schließlich sind wir nicht in Preußen. Ob ich vielleicht auch noch einmal... vielleicht könne man ja einen Moment warten?
"Certo", natürlich, meint der Reiseführer, Vorsitzender des Heimatvereins "Die Masken von Tricarico", wie sich später herausstellt, und gibt mir den Schlüssel. Die anderen nicken mir freundlich zu. Keiner wird ungeduldig, als ich mit dem mittelalterlichen Schließinstrument die Treppe hinauf im Gemäuer verschwinde. Keiner schaut mich genervt an, als ich zehn Minuten später wiederkomme. Keiner hat Eile, loszukommen. Wir plaudern noch ein Weilchen. Und verabschieden uns wie Freunde.
Die Stimmen verhallen zwischen den Gassen. Stille, Hitze, Einsamkeit. In einem der schmalen Häuser hat der Dichter Roberto Scotellaro gelebt, jung gestorben 1953. Eine Tafel erinnert an ihm mit ein paar Zeilen: "Aber ich habe keine schöne Schlafende zu wecken / weder ich, noch meine Gefährten, die wir die ganze Nacht / uns geborgen haben unter dem Gerippe der Liebe..." Der Himmel ist weiß vor Hitze, das Bild eines Falken steht in der kochenden Luft über den Steinen.
21. November
Das gletschergrüne, unendlich junge Wasser des Etsch, das unter der Brücke seine Muskeln spielen, seine Zähne blitzen lässt.
18. November
24. September
21. September, Orion/Beárn
Im stetig sich ändernden Licht stehen die Berge jeden Morgen verändert da: Eine zarte Bordüre des perlmutternen Himmels, gestaffelte Kulissen in feinstem sfumato, eine schwarze Wellenfront, aufrollend über die Ebene. Alles, worüber wir sprechen, kommt mir wie ein einziger wechselnder Kommentar zur schweigenden Präsenz dieser gewaltigen Steine vor, ein Stammeln zu Füßen einer unüberblickbaren und unüberschreitbaren Schwelle. In der weißen Gischt der Talnebel rollen die Felswogen zu unseren Füßen aus und mildern den Sog der uns fortreißenden Zeit zu einer Verneigung voller Anmut – einem steinernen Schulterzucken in kaum wahrnehmbarer Zeitlupe, unter dem die in den Bächen hinabrauschenden Kiesel rascheln wie welkes Laub. Der kalte Wind zerrt an den Platanenblättern.
Am Fuße der Steinwellen erfüllt mich eine ebensolche Euphorie, als bereitete ich mich am tosenden Meeresstrand auf ein erfrischendes Bad vor.
20. September
"Und so ist es: Nach dem Stein versteht man die Rosen. Nach der Rose erträgt man den Stein." (Cees Noteboom)
9. September
Das Feuer der Zeit schmiedet die Liebe oder verbrennt das, was keine Liebe ist.
6. August
Draußen rufen die Eulenjungen, gerade geschlüpft in der zweiten Brut dieses Jahres, mit spitzen Stimmen aus dem Dunkel ihre Eltern, um gefüttert zu werden. Wenn kein Unglück den Vater oder die Mutter tötet, dann werden diese Jungen so gut aufgezogen, wie es eben irgend geht. Warum gelingt uns Menschen das nicht? Mich rühren diese Stimmen in der Nacht. Sie sie erfüllen mich mit der Hoffnung, dass Güte eine Eigenschaft der Welt ist, ja, dass sie aus jeder Ritze quillt, wenn man sich nur die Mühe macht, hin zu horchen und ihr aufzuhelfen.
20. Juli
Das Rätsel dieser Präsenz wieder und wieder in jedem Schwalbenruf, in jedem Fliegensummen, in jeder blauen Ader eines Geranien-Kelchblattes, ungelöst, in seiner heimatspendenden Kraft vor mir entfaltet, eine namenlose, zärtliche Berührung, ein Wissen, das nur darum Wissen ist, weil es Nichts weiß.
25. Mai
12. April
Die grünen Feuerbälle der Ahornblüten, auf einmal da. Alles ist plötzlich da, über Nacht, Fülle in Präsenz wie ein geträumtes, aber nie erhaltenes Geschenk, wie eine Verwundung, aus dem Dunkel zugefügt.
Das Blühen, Knospen, Werden der Vegetation: ein auf langsam gestelltes Feuer. Der in Zeitlupe ablaufende und nicht verstandene Beginn eines gew
Ahornblüten, Petarden in Grün zerplatzend, Kastanienkerzen, Fackeln, weiß in der Luft verwehend, die Hyazinthen, Glutflecken, die an der Haut lecken.
Gekräuselte Ufer eines unendlichen Gestades, von unseren langsamen und naiven Blicken aufgelöst in Splitter, Atome, Strukturen, Sachverhalte – die doch nichts anderes sind als die Schlieren und Wirbel, die bei einer chemischen Reaktion entstehen; beim Übergang von einer Energiestufe in die darunter liegende.
Die Differenz ist es, welche meine Feder führt, welche die Kirschenknospen platzen lässt, welche Gott einen Spiegel hinhält, einen Frühlingsscherbenregen lang.
8. April
27. März
25. März
23. März
21. März
20. März
wie die lerchen ihre stimmen in den himmel werfen, ein nach oben fallender regen feiner und feinster stimmsplitter, ein sich-verausgaben in die luft hinein, die sich mit zittternder stimme füllt, die stimme in sich hineinverwandlet, die töne, ausgeatmet von den syrinxen der winzigen vögel, flügelflatternd wie die töne aus ihnen hervor reißen, trümmer ihrer winzigen leiber, die darin aufgehen, klang gewordener atem, der sich in kleine und immer kleinere kristalle auflöst bis er ganz ausgeatmet ist, in den bogen über meinem kopf verwandelt, in das gespannte nichts, das mir, hinein, hinaus, hinein, hinaus, immer weiter nach oben in den körper sinkt, bis er stimme ist, stumm.
18. März
ich glaube, ich habe eben erst, heute morgen erst, gesehen, dass die blumen wirklich da sind. die scylla mit ihren kleinen blauen trauben, die plötzlich über dem raschelnden laub vom vorjahr aufgetaucht sind; die krokusse, blassblau, violett, weiß und rosé, bis zum auseinanderfallen weit geöffnet, die schneeglöckchen, die im wind leise winken. Ich sehe die blumen zum ersten mal. Ich sehe sie, als wäre mir mit ihrem auftauchen über nacht ein neues organ der wahrnehmung gewachsen.
13. März
Die Vogelstimmen ziehen noch vor Dämmerung unsichtbare Linien in die Nacht. Ihre Rufe und Melodien durchlaufen das schwarze Rund in Form feiner erster Risse und zuckender Sprünge. Sie bilden Furchen, durch die das Licht seine zaghaften Triebe steckt, wächst und anschwillt und klingend die Dunkelheit sprengt, den Tag von der Nacht sondert, bis alles Stimme ist.
2. März
Langsam hebt sich das Dunkel. Feuchtigkeit, verblassendes Grau. Stimmregen, der in den Himmel hinauf strebt, hinauf, nicht hinab. Vibrato, Koloratur, Berührung, eine unsichtbare Skulptur, die an die Haut brandet wie Samt, wie gesponnenes Glas. Hiersein, zu Materie gestockt, in Materie entborgen. Töne, unsichtbar, unfassbar, in zärtlichem Kontakt. Immer wieder Stimme: in jedem Schluchzen der Beweis für die Tragfähigkeit der Luft.
1. März
Der Girlitz, unscheinbar, quicklebendig, an seinen Futterkörnern. Das braune kühle Laub. Tauperlen an den Zweigen, die Wasser des Anfangs. Der Girlitz, grau, gelb. Er raubt mir die Sprache. Ich sehe ihn. Ich sehe dich, sprech ich leise vor mich hin. „Ich sehe dich“. Das ist das größte Kompliment, die größte Zuneigung, die ich einem Wesen schenken kann. Auch einem Menschen. Ich sehe dich.... so wie ich die Heckenbraunelle sehe, die sich ihren Weg durch das braune Laub bahnt, auf der Suche nach Nahrung, nach Leben. Ich sehe dich ganz, ich sehe dich, in Freude, ich will, dass du seiest. Das ist der Blick, mit dem uns der Vater, die Mutter auf der Welt willkommen heißen. Es ist der Blick, der alle Wesen, alle Arten ins Leben ruft: Ich sehe dich, ich sehe euch alle.
Und dann: „Ich sehe dich“ heißt auch immer, dass ich mich selbst sehe. Ich sehe mich selbst in der Intensität meines Blicks, der den anderen, indem er ihn ganz sein lässt, erschafft. Ich erschaffe ihn als der, der voll und ganz gesehen wird, in seiner eigenen Freiheit, in seiner beglückenden, unfassbaren Fremdheit, die ich in diesem Moment, in dem ich ihn sehe, ganz sehe, auch ganz zu meiner eigenen mache.
Draußen die Vögel, zum ersten Mal so präsent, dass man spürt, dass sie die Herrschaft wieder übernommen haben, dass nicht mehr das Ausharren die Wirklichkeit regiert, sondern die freudige Initiative. Die Luft gereinigt über Klangkaskaden, gefiltert durch melodische Splitter und harmonische Scherben, veredelt, raffiniert, dynamisiert wie Wasser, das über tanzende Kiesel rin
24. Februar
Am Futterkasten das Pärchen Zeisige, zuerst sehe ich nur das Gelb des Männchens, seine im Grau des Tages, der zergangenen Blätter, der leeren Äste, des trüben Mittags wie eine kleine Lampe strahlende Kopf- und Brustfarbe. Ein Kanarienvogel, denke ich zuerst, ein Exot, ein Käfigflüchtling. Aber mir wird klar, dass so viel Farbe und Exotik zur ökologischen Normalität bei uns gehört. Dann entdecke ich das unscheinbarere Weibchen, auch einen weiblichen Girlitz, das Rotkehlchen, das ich kürzlich nachts heimlich im Dunkeln singen gehört habe, den Feldsperling, die Maus, die seit Tagen mit emsigen Hin- und Hergetrippel einzelne Getreidestückchen aufsammelt und zu ihrem Bau trägt. Das kleine, schöne, notwendige, zwanglose Getriebe des Lebens, seine zugleich unendliche Tiefe, die sich in jedem Moment vor mir öffnet, als könnte ich durch die Farbe des Zeisigs hinabstürzen in einen Raum des Fühlens, des Ausdrückens, der Weisen, zu erfahren, der sich niemals ausloten lässt. Die gelbe Brust des Zeisigs, die einzige Wärmequelle an diesem Tag, ein Stern, der ganz zufällig aufgegangen ist, ein unbewegter Beweger wie wir alle.
16. Februar
Heute zum ersten Mal eine Sonne, die wärmt, eine Sonne, die das Jahr steigen lässt. Die leisen Stimmen der Vögel, selbst emporgetragen und zugleich Teil dieser Aufwärtsbewegung. Hildegard Kurt: Das Zentrum nachhaltigen Handelns besteht darin, das Nachhaltige als das Künstlerische zu verstehen. Nicht eine andere Politik, nicht eine andere Ökonomie führen zur Nachhaltigkeit, sondern ein zutiefst künstlerisches Lebensverständnis.
1. Februar
Bobo, der Beagle-Mischling, hat mich die ganzen Morgenstunden beim Schneeschaufeln in Varese L begleitet. In der Frühe, als noch niemand seinen Weg durch die knietiefen Wachten in der Gasse gefunden hatte, waren im gelblichen Licht der Laterne nur Bobos Spuren zu sehen. Der Hund hatte Pfade mit dem breiten Bug seiner Brust freigepflügt, auf beiden Seiten der Straße an der Hauswand entlang, dann sich überkreuzend zu unserer Haustür. Er war als erstes Wesen schon in aller Frühe durch die tiefen Wehen gekrochen, nur um vor der Pforte auf unsere läufige Hündin zu warten. Ich stapfte zum Bäcker in den Spuren eines Hundes. Sein Blick über die Schulter, als er dann endlich ging, nach zwei Stunden, mit von Nässe verklebten Fell, schneebedeckt, sein Blick, in dem immer noch die Hoffnung lag, und eine Trauer, die die Welt so akzeptiert, wie sie ist. Der Bäcker hat in der Frühe den weißen Lieferwagen vor seinem Geschäft freigeschaufelt, als der Schlüssel nicht passte, merkte er, dass es das falsche Fahrzeug war, seines steckt noch in einer Schneewehe.
28. Januar
Schuberts Kunst ohne jede Diskursivität Sein zu erzeugen. Das Stotterertum jedes Dichters dagegen. Musikstücke, die zu ihrer Beschreibung das gleiche Instrumentarium des Ausdrucks forderten wie Landschaften. Der Zaunkönig im feuchten braunen Gestrüpp über den braunen, grauen, schwarzen, nässeglänzenden Steinen des Rio Crovana.
27. Januar
Wirklich älter zu werden, alt sogar, zeigt sich daran, dass man sich darauf verlegt, über das Erotische zu schreiben.
26. Januar
Es ist Winter im Appennin, braune Hänge, braune leere Eichen, Steine, Flechten, Rauch, der sich aus Kaminen wälzt, Stille, der Ruf einer Eule, die steinernen Bachbetten, Adern eines Körpers aus Stein.
16. Januar 2012
Für das Tier sind maßloses Glück und ernsteste Pflichterfüllung eins.
Das Knistern und Rascheln des Schnees auf den frosterstarrten Blättern. Das Geräusch eines beständigen Regens feinster Glassscherben auf eine Oberfläche von unfassbarer Nachgiebigkeit.
8. Januar
Nei primi anni Sessanta, a causa dell'inquinamento dell'aria, e, soprattutto, in campagna, a causa dell'inquinamento dell'acqua, sono cominciate a scomparire le lucciole. Il fenomeno è stato fulmineo e folgorante. Dopo pochi anni le lucciole non c'erano più. Sono ora un ricordo, abbastanza straziante, del passato: e un uomo anziano che abbia un tale ricordo, non può riconoscere nei nuovi giovani se stesso giovane, e dunque non può più avere i bei rimpianti di una volta. Pier Paolo Pasolini, La scomparsa delle lucciole, Corriere della Sera 1975
5. Januar 2012
Der Falke, auftauchend, abtauchend, flügelschwirrend, in der Luft verharrend, als Geschoss hinunter stürzend, mit dem Federbug die unsichtbaren Wogen hinauf schäumend… das Tier spielt mit dem Sturm, mit der Luft, die mir hart und eisig im Gesicht steht und in den Kragen greift. Ich denke an Hunde, die beim Jagen beständig mit dem Schwanz wedeln und so ihre Begeisterung zeigen, weil auch sie spielen; ich denke an meine Anschleichübungen – als Jäger und als Gejagter gleichermaßen – die mir die Elektrizität der Begeisterung durch die Adern rinnen ließen. Es gibt nur einen Schluss aus alldem: Der Falke jagt innerlich jubelnd, hingerissen, vollkommen an seine Existenz hingegeben, er nimmt nichts ernst außer seinem Glück, so wie Kinder im berauschten Spiel die Kälte nicht spüren. Die Sicht des Südatlantiks aus der Perspektive des Albatros; erst die Füllung der Welt mit allen nur denkbaren Arten ermöglicht, dass jeder Aspekt der physischen Wirklichkeit erfahren und auch genossen werden kann, dass alle Facette Gottes, auch die düstersten, zu irgendeinem ekstatischen Glück gereichen. Das rauschhafte Glück des Aaskäfers. Das atemlose Glück des Falkens, geschweißt in einen eisigen Wind. Die Unverstehbarkeit eines maßlosen Glückes, aus der jeder Organismus in einer anderen Sprache dolmetscht.
2. Januar 2012
“Es gibt eine andere Welt, aber sie ist in dieser.” Paul Eluard
30. Dezember
Die unwiderstehliche Lebensfreundlichkeit von Leben: Lebendigkeit zieht Lebendigkeit an, Leben verbessert auch das Leben für die anderen Wesen, weil es generell selbstverstärkend wirkt; es ist ansteckend.
29. Dezember
inspired by Joline Blais, Indigenous Domain
The artistic worldview, if I can call it this way, is seeing the world as a place and a source of creativity where everything can reflect and inspire everything else, which for this reason is dignified and part of the life-giving exchange process.
Representationism is enclosure: to have an idea of something without belonging to it, to understand something without giving a part of one's own life to experience what presumably has been understood. Objectivism is enclosure; the idea of a detached mind who can as a stranger to everything and untouched by anything discern the laws and decide about the structures of reality.
12. Dezember
Das ruhige Braun der toten Blätter, eine Amsel darin, ich fühle ihr schwaches Echo in meinem Herzen, kaum noch Freude über sie. In jedem individuellen Tod stirbt das Leben, das sich aus der ersten je entstandenen Zelle ungebrochen fortgepflanzt hat, ein erstes Mal. Jeder Tod mobilisiert die gesamte Schöpfung, weil er, in einem Wesen kristallisiert, auch ihr Untergang ist.
10. November
Während die Blätter verrascheln, wird es wieder einmal klar, dass die Spirale der Vernichtung immer schneller rotiert. Ein anderes Wirtschaftssystem, eine ökologische Ökonomie? Vielleicht. Sie würde helfen. Aber kommen wir dahin? Was wir brauchen, sind Vorräte. Räume von Schönheit und Sinn, die zugleich auch noch sich selbst erhalten können. Naturbereiche, die niemandem gehören, die zurückgelegt werden, um Schöpfung zu bleiben. EInes davon ist Yasuni, ein pristines Regenwaldgebiet in Ecuador. Ursprünglich wollte Deutschland Ecuador helfen, auf seine dort möglichen Ölfördereinnahmen zu verzichten, ermöglichen, das Öl im Boden zu lassen, das CO2 auch. Aber gerade die deutsche Regierung ist ausgeschert.Nun gibt es eine Kampagne, den Haushaltsausschuss des Bundestages unter Druck zu setzen. Kaum hat sich ein Hebel so gelohnt wie hier. Darum: mitmachen. Es dauert nur 3 Minuten (wie so vieles am Bildschirm ;-), aber es rettet Lebendigkeit in ungeahntem Ausmaß... Mehr und Umfassenderes dazu auf www.commonsblog.de und zum Mitdrücken bei www.avaaz.org.
2. November
Im GEO vom März 2011 ein Stück von Franzen (Original im New Yorker vom letzten Jahr) über die Vogeljagd auf Zypern, Malta, in Italien, die noch zunimmt, nicht weniger wird. Eine niederschmetternde und aufstachelnde Geschichte; sie hinterlässt ein Gefühl, als wäre die Arche Noah längst so leck, dass es ganz gleich ist, welches Leck man stopft, sie sinkt doch immer weiter. Und sie hinterlässt das Gefühl eines Künstlers, der die Poesie des Lebendigen erkennt (auf dem Bild ein Ansitz im Seneso, bei Radda-in-Chianti, Italien).
1. November
Die Welt, verbrennend in leuchtenden Farben, in Farben, die schmerzen vor Erleuchtung. Diese Farben sind immun gegen jedes Sprechen. Diese Farben haben kein Licht nötig, sie emanieren es selbst. Nicht nur die Sonne, die Welt geht auf.
28. Oktober
Eine milde letzte Sommersonne scheint. Ich trainiere in den taubehängten Trampolins der Baldachinspinnen das Springen ins Licht.
6. Oktober
Am Flussufer des Crovana, zwischen den dicken Steinen im Nachmittagsgegenlicht eine Prozession vertrockneter Pflanzen, deren Leben sich mit dem Ausstreuen der Samen erfüllt hat, hohe Stengel, Stachel im Umriss, Lebensläufe im Scherenschnitt, denen nichts mehr hinzuzufügen ist.
5. Oktober
Die Hänge, jede Sekunde werden sie ein Gran schwerer, behängt eine unsichtbare Kraft sie mit unkenntlichem Rost, mit unmerklichem Gewicht. Die Landschaft verliert ihre Farben wie der Abend sein Licht kurz vor Sonnenuntergang, wenn binnen Minuten die Helligkeit aus allem schwindet und erlischt.
28. September
Die Hänge bewölken sich mit Herbst.